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Aber so sind sie, sagte sie, die Politiker und Schauspieler und Bosse mit Erfolg: Sie setzen die Frauen, die ihnen Kinder geschenkt haben und alles abgefedert, damit sie reibungslos nach oben kommen, irgendwann vor die Tür, weil sie ihnen zu kompliziert werden und dazu all ihre miesen Seiten kennen, die Schwächen, die sie sonst als Stärken ausgeben, und dann heiraten sie ihre PR-Tussis oder gleich eine Medienfee wie die Politiker vor ihnen ihre Sekretärinnen, aber sie vögeln schon mit ihnen, während sie im Parlament noch von Solidarität reden oder sich mit Familie noch beim Gottesdienst zeigen, man sie im Fernsehen sieht, wie sie die Hostie empfangen, mit derselben Zunge, die sie am Tag zuvor sonst wohin gesteckt haben, das ist die Wahrheit, Renz! Und zweifellos hatte sie recht, auch wenn damit ein Stück seiner eigenen Wahrheit gemeint war, nur schwingt er keine moralischen Reden, selbst seine Figuren halten sich in dem Punkt zurück, und er hat auch andere Freunde als diese Leute. Da gibt es keine Finanzhaie, Partylöwen, Agenten oder Lobbyisten, keine Nuttenschauspielerinnen und keine Gefälligkeitsredakteure, die einen irgendwann doch zur Sau machen, und für die wenigen Male, die er mit solchen Leuten gefeiert hat, schämt er sich.
Nur wer sich christlich oder sozialistisch gibt und seine Frau betrügt und gegen eine jüngere austauscht, muss sich schämen. Über solchen Leuten sollte in großen Lettern das Wort Ehebrecher oder Scheinheiliger leuchten, wenn sie in Talkrunden ihre menschenfreundlichen Phrasen loswerden, damit alle sehen, dass es bei ihnen keine Mülltrennung gibt, auch wenn sie sie predigen, dass alles in einem Maßanzug steckt, der Brustton der Überzeugung und etwas darunter ein nicht gerade wählerischer Schwanz.
Oder diese Politiker mit angeblichem Charisma, ein Wort, das man verbieten sollte, die Typen mit geschliffenen Manieren und Sätzen, so geschliffen, dass sich die Medien daran in den eigenen Finger schneiden, auch sie gehören geohrfeigt, dass ihnen die Designerbrille davonfliegt.
Bodo Kirchhoff, Die Liebe in groben Zügen, dtv Verlag, 2014. S.198
Der Weg nach oben
Wednesday, August 2, 2017